
8 02.13
MAGAZIN
Von den länger etablierten Carsharern un-
terscheidet es sich vor allem durch zweierlei:
Zum einen muss man den weiß-blauen Smart
nach der Fahrt nicht wieder an einen Abstell-
platz zurückbringen
–
es reicht, ihn irgendwo
im Stadtgebiet zu parken. Die Stadt Stuttgart
will hierfür nicht einmal Gebühren sehen.
Zum anderen fahren die Car2go-Autos in
Stuttgart elektrisch
–
gefördert mit Mitteln
aus dem Bundesprogramm Schaufens-
ter Elektromobilität. Wie in Ulm und im
kanadischen Vancouver nutzt Daimler
das Projekt also, um potenzielle Kunden
an die neuen E-Mobile zu gewöhnen.
Stärker auf Elektromobilität setzen will
auch der Konkurrent Flinkster, dessen
100 Elektrofahrzeuge
–
im Zuge einer
Kooperation mit Citroën
–
bisher alle in
Berlin fahren.
Offenbar bewegt sich etwas im Mobilitäts-
verhalten der Menschen
–
zumindest in den
großen Städten. Neuere Untersuchungen be-
legen das. So erfasst das Stuttgarter Statistik-
amt seit 1950 den Bestand an zugelassenen
Kraftfahrzeugen in der Landeshauptstadt.
Die Daten zeigen eine steile und kontinuierli-
che Zunahme bis kurz nach der Jahrtausend-
wende. Dann stagnierte die Kfz-Dichte bei
etwa 630 pro 1000 Einwohner
–
um dann seit
2005 abrupt abzuknicken. 2010 kamen nur
noch rund 550 Autos oder Motorräder auf
1000 Stuttgarter.
Besonders auffällig ist der Trend bei den
jungen Leuten. So nahm die Zahl der Fahr-
zeughalter zwischen 18 und 30 Jahren in-
nerhalb von zehn Jahren um gut 63 Prozent
ab
–
obwohl diese Altersgruppe im gleichen
Zeitraum sogar gewachsen ist. Zwar lassen
junge Fahrer ihr Auto gerne auf Eltern
oder Großeltern zu, um die günstigeren
Versicherungstarife zu nutzen. Dies kann
aber nicht die einzige Erklärung sein, denn
sonst müssten die Zulassungszahlen in den
höheren Altersgruppen deutlich zuneh-
men
–
was nicht der Fall ist (siehe Grak
auf Seite 7).
„Die Unter-25-Jährigen haben nicht mehr
diese hohe emotionale Bindung ans Auto
wie die mittlere und ältere Generation“, sagt
Prof. Günter Sabow, Vorstand der Wirt-
schafts- und Industrievereinigung Stuttgart.
„Man steckt nicht mehr so ohne weiteres sei-
ne Ersparnisse in ein eigenes Auto.“ Umso
weniger, als in den Städten Parkraum knapp
und Verkehrsstau ein Dauerzustand ist und
andererseits Alternativen zur Verfü-
gung stehen: Etwa ein gut ausgebauter
öffentlicher Nahverkehr oder, wenn es
wirklich einmal sein muss, die Autos
von nahen Verwandten.
„Junge Leute haben heute ein ande-
res Symbol für Freiheit und Unabhän-
gigkeit: Das Smartphone“, ergänzt Rei-
ner App vom Pragma-Institut für
empirische Strategieberatung. „Für sie
ist es selbstverständlich, Freundschaften,
Freizeit, eigentlich das ganze Leben über ihr
Smartphone zu organisieren“, so der Bera-
ter. „Warum sollte dies vor der Mobilität Halt
machen?“ Laut App wird das Auto dabei
manchmal sogar als Hindernis wahrgenom
-
men
–
denn für die Dauer der Fahrt muss
man den unverzichtbaren Minicomputer ja
beiseite legen.
Foto: Jan Reich
Foto: Jan Reich
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